Sahra Wagenknecht: Europa den Reichen ?

Vortrag von Sahra Wagenknecht: Europa den Reichen ?
(AK STMK – Oktober 2014)

Österreich (2013) hat 33 Milliardäre, die im Jahr 2013 ihren Reichtum um 9 % erhöht haben !
Deutschland (2013) hat ca. 123 Milliardäre, die im Jahr 2013 ihren Reichtum um 19 % erhöht
haben !

Dagegen gestellt gibt es im EU-Raum 25 Millionen Menschen, die 0 (NULL) Beschäftigung
haben ! Und die Jugendarbeitslosigkeit steigt und steigt.

Ungerechtigkeit wächst wie noch nie (2014), nicht nur innerhalb der Staaten, sondern auch
Staaten-übergreigend (Nor-Süd-Gefälle) ! „Wohlstand für alle“ ist anscheinend ist kein
Leitmotiv der europäischen Politik mehr.

Dadurch geht auch der politische Trend überall in Richtung Faschismus.

In den 80ern wurde von den Eliten in Europa das Wort Struktur-Reform erfunden, das für die
Zerstörung der Arbeitnehmer-Rechten steht ! Struktur-Reform bedeutet: Machen wir alles
schlimmer, damit es schlechter wird ! Das ist so, wie wenn ein Kranker ein Medikament
bekommt, und dann geht es ihm immer schlechter. Darauf der Arzt: Wir müssen die Dosis
erhöhen. Entweder ist der Arzt ein Verwandter des Patienten (Erbschleicher), dann handelt
er richtig, oder er hat den Beruf verfehlt !

Merkel sagt: „Es geht ja schon wieder bergauf, die Krise ist ja schon fast vorbei.“ ???
Nur leider hat sie die Welt der Finanz-Mafia mit der realen Welt verwechselt ! (Die Merkel hat
sowieso eine durchschlagende Meinungslosigkeit.) Klar, die Banken, die das Desaster
verursacht haben, profitieren sogar von der Krise durch die Umverteilung des Geldes von Arm
nach Reich über die Sozialisierung der Schulden der Banken !

In der realen Welt sieht das anders aus: Griechenland hatte über die letzten Jahre einen
Rückgang der Einkommen von 40 %. 2014 ergab es ein Wachstum, von 0,2 %. Dazu Merkel:
„Na, es geht doch ! Wir sind auf dem richtigen Weg.“ !!!

Die 3fach-Krise, die Europa derzeit hat, ist – von der Wurzel her – eine Verteilungskrise
von Arm nach Reich:
* Schulden-Krise
* Währungs-Krise
* Wirtschafts-Krise

In den 70er-Jahren entstand durch die EWG (federführend Margaret Thatcher) die neo-liberale
Welle, die nichts anderes besagt als die Zerschlagung der Gewerkschaften und dadurch der
Rückgang der Einkommen mit der Ergebnis, die Umverteilung des Geldes von Arm nach Reich !

Der Höhepunkt dieses Plans war dann 1992 die Unterzeichnung des Maastricht-Vertrages der
EU, der dann die Konzerne mithilfe der Unterstützung der Regierungen hochgebracht hat durch:
* Privatisierung
* Liberalisierung (Neo-Liberalisierung)
* Deregulierung

Der Maastricht-Vertrag führte auch dazu,
a) dass die privaten Haushalte nur mehr 3 % des BIP Schulden machen dürfen,
b) eröffnete die Steuerkonkurrenz von Staaten
c) die Steuerlast wurde hauptsächlich auf die Steuern verteilt/erhöht, die jeder zahlen muss,
und im Gegenzug wurde die Steuerlast, die nur die Reichen zahlen (zB. Kommunalsteuer), gesenkt.
Das war alles so geplant von den Initiatoren des Maastricht-Vertrages.

Das die Steuerkonkurrenz falsch ist, sollte jedem klar sein. Denn die Steuern sollten dort
gezahlt (eingenommen) werden, wo sie gemacht (verdient) wurden. (Die Steuerflucht wird übrigens
auch von den Banken organisiert !)

Durch diese neo-liberalen Gepflogenheiten wie die Steuersenkung der Kommunalsteuer für die Konzerne
und Unternehmen sowie der Einführung der Steuerkonkurrenz (= Steuerflucht –> Steueroasen) war
die logische Folge dann das „Diktat der leeren Kassen“ (spar bei Personal und Material). Mit dem
Ergebnis: Lohndumping und Sozialabbau. Insgesamt begann ca. ab den 90er-Jahren in der EU die
Lohnquote zu sinken. Das führte zu sinkender Kaufkraft wegen wachsender Schulden. Das war aber
von der Politik (besser gesagt von den Strippenziehern, den Lobbyisten dahinter) so gewollt.
Weil Lohndumping (= niedere Löhne) zu besserer Konkurrenzfähigkeit der Großkonzerne führt.

Diese Dinge führten zur heutigen Situation –> Schulden-Krise, Währungs-Krise, Wirtschafts-Krise.

Seit ca. 30 Jahren wachsen das Vermögen und die Schulden sehr viel schneller als die reale
Wirtschaft. Dadurch wiederum wächst die Macht der Finanz-Zocker (siehe Derivate, Aktien (Blasen)).

 
Banken[-Rettung] und Staatsschulden:

Normalerweise sollte es so sein, dass wenn die Schulden-Blase platzt (wie 2008), dann sollte auch
die Vermögensblase platzen, weil die Schulden immer mit dem Vermögen ausgeglichen werden sollten
(so wie bei der doppelten Buchführung: Soll / Haben). Das wurde aber damals mit der Bankenrettung
verhindert, mit immerhin 5 Billionen Euro (davon sind ca. 100 Milliarden für immer verloren = 2 %).
Im Vergleich dazu: in der gleichen Zeit wurden gegen die Jugendarbeitslosigkeit sagenhafte
5 Milliarden Euro aufgewendet ! Kein Wunder also, dass die Jugendarbeitslosigkeit steigt und steigt.

Banken müssen bis 2017 mindestens 3 % Eigenkapital im Verhältnis zu ihrer Bilanzsumme vorhalten.
Diese Schuldenbremse (3 % !!!) soll die hochspekulativen Geschäfte der Vergangenheit faktisch
unmöglich machen und das Finanzsystem deutlich stabilisieren ??? Hierin sind aber die Derivate
nicht mit eingerechnet (für diese zahlen die Banken übrigens keine Steuern). Nur ein Beispiel: die
Deutsche Bank hat 55 Billionen Euro als Derivate (nominal) ! Nominal heißt: das sind sogenannte
Haftungen bzw. Risiken, die sie wahrscheinlich nie bezahlen müssen.

Staatsanleihen: Die jeweiligen Landes-Banken bekommen von der EZB Geld für 0,05 % Zinsen, verleihen es für ca. 5 % weiter. Das heißt: Die Bank kauft (risikolos) neue Anleihen, die dann bei EZB
hinterlegt werden. Kredite, die schon mal vergeben wurden, werden also nochmals vergeben ! Praktisch
können alle Staatsanleihen uneingeschränkt für neue Kredite hinterlegt werden.

Der Aufkauf von Staatsschulden = Bankenrettung (Verantwortlich: Mario Draghi). Die Politik der Banken-
Rettung (Irland, Spanien, Protugal und Griechenland) ist nämlich der Hauptgrund für die hohen Staatsschulden in Europa. Denn durch den Ausbau der Sozialleistung in den 60ern, 70ern, 80ern wurden die Staatsschulden in Deutschland nicht wesentlich erhöht, erst durch die Bankenrettungen. Man erinnere sich:
1950 – 2000 (Deutschland): 1 Billion Schulden (Ausbau der Sozialleistung)
2000 – 2014 (Deutschland): 1 Billion Schulden (Banken-Rettungen)
Staatsschulden sind somit nicht mehr gezahlte Steuern sowie Finanzwetten (seit 2000). Und das alles
von der Politik erzeugt bzw. zumindest verschärft.

Die Euro- bzw. Banken-Rettung war im Grunde genommen eine Rettung deutscher Banken (auch französischer). Die deutschen Banken hatten (haben) 0,5 Billionen Außenstände in Irland, Spanien, Portugal und Griechenland. Der Staat Griechenland zB. hatte vor der Banken-Rettung eine BIP-Verschuldung von 130 %. Nach der Banken-Rettung (2014) 170 % !

Wieso verleiht die EZB eigentlich das Geld nicht direkt an die Staaten ? Für das Bildungs- oder das
Gesundheits-System ?

 
Finanztransaktionssteuer:

Die noch immer verschleppte Finanztransaktionssteuer scheiterte schon mehrmals am fehlenden Mut der Politik, sich mit der Finanz-Mafia und den Lobbys anzulegen.

 
CETA / TTIP:

Mit diesen Verträgen (EU mit Kanada und EU mit USA) kann man die Wahlen eigentlich sofort abschaffen, die dann sinnlos werden. Es ist eine Entmachtung der Politik zugunsten der Konzerne. Das Ganze erinnert an das frühere Feudal-System (auf das wir sowieso zusteuern, wenn nicht gegengesteuert wird). Hier muss noch viel mehr Druck auf die Regierungen ausgeübt werden.

 
Lösungsvorschläge:

1) Vermögenssteuer:
Österreich (2013) hat 33 Milliardäre, die im Jahr 2013 ihren Reichtum um 9 % erhöht haben !

Deutschland (2013) hat ca. 123 Milliardäre, die im Jahr 2013 ihren Reichtum um 19 % erhöht haben !
Diese Millionäre und Milliardäre haben in den letzen 14 – 15 Jahren ihr Vermögen verdoppelt
(von 7 Billionen auf 14 Billionen). Gleichzeitig sind auch die Schulden von wenig Schulden
auf 9 Billionen (in der Euro-Zone) gestiegen.

Es gibt 9 Billionen Verschuldung und 14 Billionen Vermögen in der Euro-Zone. Die Schuld an der Krise haben sozusagen die Millionäre und Milliardäre bzw. das politische und wirtschaftliche System (siehe Maastricht-Vertrag), die es diesen erlaubt, so zu agieren.

Hier müsste für mehr Ausgleich gesorgt werden in Richtung Vermögensabgabe, das heißt: es muss Untergrenzen für Körperschafts-, Vermögens- und Erbschaftssteuern geben.

2) Monster-Banken:
Diese müssen verhindert werden –> keine Spekulationen.

Genauso sind Derivate finanzielle Massenvernichtungswaffen, die abgeschafft gehören.

Auch dieses Hase-und-Igel-Spiel ist symptomatisch für den derzeitigen Zustand der sogenannten Banken-Regulierung.

Der Bankensektor muss dahingehend restrukturiert werden, dass er wieder dem Gemeinwohl dient. Das Volk will nämlich kein Europa, wo der Finanzsektor und die Konzerne sagen, was für die Menschen gut ist.

Die einzige nützliche Finanzinnovation der vergangenen 30 Jahre war der Geldautomat (so formulierte es
der frühere Vorsitzende der US-Notenbank, Paul Volcker treffend).

3) Kredite und EZB:
Kredite sollen von der EZB an die Staaten (zB. für das Bildungs- oder das Gesundheits-System) gegeben werden und nicht an die Banken, für ihre Spekulationen. Dann könnte man auch mit dem sofortigen Stopp der Kürzungs-Programme beginnen. Bildungssysteme und Krankenhäuser sollten auch keine Gewinne machen. Das ist krank ! Deshalb darf Gesundheit und Bildung nicht privatisiert werden.

Die EZB sollte auch keine Schrottpapiere der Banken kaufen dürfen.

4) Koordinierte Steuer-Politik:
Diese würde die Steuerflucht verhindern (keine Steuer-Oasen mit niedrigen Steuern und keine Lizenzgebühren-Systeme dort).

5) Europäischen Institutionen:
Die Einflussmöglichkeiten der europäischen Institutionen müssen beschnitten werden. Bestimmte Sektoren, wie Gesundheit und Bildung dürfen nicht privatisiert werden.

6) Sanktionen:
Länder, die Überschüsse haben, sollten sanktioniert werden, und nicht die Länder, die Defizite haben.

7) EU-Kommission:
Die EU-Kommission sollte weniger Einfluss über die Staaten haben (der Trend geht jedoch in die entgegengesetzte Richtung). Man muss auch wissen, dass die EU-Kommission von den Lobbyisten beeinflusst wird. Im EU-Parlament sitzen die Lobbyisten sogar in den Ausschüssen. Das ist eine reine Wirtschafts-Diktatur !

8) Wahlbeteiligung:
Die Wahlbeteiligung muss durch Glaubwürdigkeit der Partei erhöht werden (durch halten der Versprechen).

9) Löhne und Kürzungs-Programme:
Die Leute haben nicht mehr genug Geld in der Tasche, um sich den Konsum leisten zu können. Deshalb müssten als Ausgleich die Löhne stärker steigen als die Produktivität. Auch sollte die Belegschaft einer Firma mit entscheiden können, ob Teile der Produktion ins Ausland verlagert werden (Vetorecht).

Vordringlich sei es auch, die Kürzungs-Programme zu stoppen.

10) Gewerkschaften und AK:
Die Rolle der Gewerkschaften und der AK muss gestärkt werden, das ist ein höheres Druckmittel als Demonstrationen.Reformen sind nämlich nur denkbar mit Druck von Unten nach Oben, hauptsächlich von den Gewerkschaften bzw. der AK, weil die Obrigkeiten (Banken und Politiker) vom Desaster sogar profitiert haben: durch die Umverteilung des Geldes von Arm nach Reich über die Sozialisierung der Schulden der Banken !

11) Epilog:
Es muss Schluss sein mit „Schulden sozialisieren und Vermögen privatisieren“. Den Geldfluss umzukehren sei der einzige Ausweg aus der Schuldenspirale: Die Staaten hätten die Möglichkeit eines Schuldenschnittes, den der Finanzsektor bezahlen müsse, oder es muss europaweit eine Vermögensabgabe gemacht werden.

Hinterlasse einen Kommentar